Vorreiter in Sachen Energiewende – Wildpoldsried im Allgäu
Die Grünen Waakirchen luden ihre Mitglieder und Interessierte zu einem eintägigen Ausflug in die Gemeinde Wildpoldsried im Allgäu ein. Schon die Anreise passte zum Thema. Die E-Autos konnten kostenlos an Ladesäulen des Tagungshotels „KultiViert“ geladen werden. Das Hotel wird betrieben von der Wildpoldsrieder Dorfentwicklungs-GmbH, einem Unternehmen zu 100% in Gemeindehand. Den Strom kostenlos weiterzugeben kann sich die Gemeinde locker leisten. Wildpoldsried erzeugt mit erneuerbaren Energien acht Mal mehr Strom als das Dorf selber verbraucht und hat europaweit den höchsten Anteil erneuerbarer Energien. Dafür wurde die Gemeinde vielfach ausgezeichnet.
Besonders interessant für die Waakirchner ist das Dorf im Landkreis Oberallgäu, da es in vielerlei Hinsicht mit Waakirchen vergleichbar ist – Topographie, Fläche, Höhenlage, Einwohner- und Wirtschaftsstruktur sind sehr ähnlich.
„Es braucht jemanden, der weiter voraus denkt“
Vormittags stellte Gemeinderat Thomas Pfluger den acht Waakirchnern in einem Vortrag mit anschließendem Rundgang durch die Gemeinde die vielen richtungsweisenden Projekte vor. Alles begann im Jahr 2000, als Gemeinde und Bürger ein Klimaschutzleitbild beschlossen mit dem ehrgeizigen Ziel der Klimaneutralität bis 2020. Der damalige Bürgermeister Arno Zengerle initiierte die Transformation des Dorfes und setzte sie mit kreativem Denken und professionellem Unternehmergeist um – immer mit im Boot die Bürger*innen Wildpoldsrieds.
„Diese uns allen bevorstehende Transformation hin zu regenerativer Energiegewinnung und nachhaltigem Wirtschaften wird oft als größte Herausforderung unserer Zeit bezeichnet,“ so Pfluger. Das Beispiel von Wildpoldsried zeige aber, dass dies keineswegs langwierig und teuer sein muss, wenn der politische Wille vorhanden ist und alle gemeinsam an einem Strang ziehen. „Hierfür braucht es jemanden, der weiter voraus denkt.“
„Investitionen in erneuerbare Energien sind ein wirtschaftlicher Vorteil und schaffen Unabhängigkeit“
Vier Landwirte betreiben Biogasanlagen, mit dem Gas werden Blockheizkraftwerke und eine Dorfheizung betrieben, das Nahwärmenetz wird kontinuierlich erweitert. Dazu kommen Photovoltaik und Solarthermie. Insgesamt wird damit 60% des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien gewonnen. Diese Investitionen beweisen sich gerade jetzt in Zeiten steigender Gaspreise als kluger Schachzug.
Die Erzeugung von Strom spielt in Wildpoldsried eine besonders große Rolle. Mit 11 eigenen Windrädern unter Bürgerbeteiligungen, Wasserkraft, Freiflächen- und Dach-Photovoltaik wird in Wildpoldsried acht Mal mehr Strom produziert als die Gemeinde selber verbraucht. Auch hier sind die Investitionen vor allem von ihrem wirtschaftlichen Nutzen getrieben: „Die Sonne schickt keine Rechnung,“ fasst Thomas Pfluger zusammen und betont die Unabhängigkeit Wildpoldsrieds von steigenden Energiepreisen. „Die Wertschöpfung bleibt hier vor Ort und führt zu nicht unbeachtlichen Zuverdiensten unserer örtlichen, privaten Investoren.“
„Die Gemeinde Wildpoldsried erzeugt acht Mal mehr Strom als sie selber verbraucht“
Was den besonderen Erfolg der Wildpoldsrieder Energiewende ausmacht? „Bemerkenswert und für uns inspirierend ist der vielseitige Mix aus verschiedenen Energieträgern wie Biomasse, heimische Rohstoffe, Wind und Sonne“, so Klaus Hartmann, Sprecher des Grünen Ortsverbands. „Durch die Initiative und Beteiligungsmöglichkeit der Bürger wird die Energiewende zu einer gemeinsamen Sache, die jeder mitgestalten kann,“ meint auch Gemeinderätin Cornelia Riepe. „Die Möglichkeit, mit eigenen Investitionen finanziell zu profitieren, kann auch für Waakirchen ein Vorbild sein.“
„Wirtschaftlicher Nutzen und Klimaschutz gehen Hand in Hand“
Die Wildpoldsrieder haben darüber hinaus viele weitere gemeinnützige Projekte umgesetzt. Diese finanzieren sie auch mit Einnahmen aus der eigenen Energieerzeugung. Stets gehen dabei mit Blick in die Zukunft wirtschaftlicher Nutzen und Klimaschutz Hand in Hand: die Sanierung der Grundschule, der Neubau einer Kinderkrippe und einer Sporthalle als Plusenergiehaus, Sozialer Wohnungsbau, die Übernahme eines Lebensmittel-Nahversorgers durch die Gemeinde. Sogar ein gemeindeeigener Schwimmteich konnte, querfinanziert durch andere Projekte, realisiert werden.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen gingen die Waakirchner „in Klausur“, um aus dem Beispiel Wildpoldsried Ziele und Ideen für die Arbeit der Grünen in Waakirchen abzuleiten. Anhand des Energienutzungsplans der Gemeinde Waakirchen diskutierten sie über Möglichkeiten und Strategien, wie die Energiewende in Waakirchen vorangebracht werden kann. Mit vielen guten Ergebnissen im Gepäck ging es motiviert – und vollgeladen – zurück nach Waakirchen.