Der Einladung des Kreisverbands zum traditionellen Neujahrstreffen im Bräuwirt Miesbach folgten knapp 70 Menschen. Sie waren gekommen, um gemeinsam langjährige Mitglieder zu ehren, auf das Jahr 2023 zurückzublicken und um Johannes Becher zu hören, den neuen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der bayerischen Landtagsgrünen. Auch auf Karl Bärs Perspektiven auf die aktuelle Situation waren viele gespannt. Der Einladung gefolgt waren auch die beiden Grünen Betreuungsabgeordneten für den Landkreis Miesbach: Benjamin Adjei (aus dem Landtag) und Andreas Voßeler (aus dem Bezirk), der sich den Anwesenden kurz vorstellte.
Kreissprecherin Stephanie Eikerling eröffnete den Abend und erinnerte an das gelungene Neujahrstreffen 2023 als Auftakt des Wahlkampfjahres. Der Abend begann mit der Ehrung langjähriger Mitglieder und einem Rückblick auf das Jahr 2023.
Anschließend sprach der neue stellvertretende Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Johannes Becher, darüber, wie unsere Demokratie stärker werden kann. Seine Botschaft war eindeutig: All diejenigen stärken die Demokratie, die sich für sie einsetzen. In der Zivilgesellschaft, aber auch und besonders in den Stadt- und Gemeinderäten. „In den Kommunen verändert man die Welt, also nicht die ganz große, aber die kleine schon. Und mit der Zeit verändern kleine Fortschritte auch die große Welt.“
Wir Grüne wollen vor Ort beweisen, dass wir es können, wir wollen das Vertrauen im Münchener Umland zurückgewinnen und ab 2026 in den Gemeinden und Kreisen noch stärker vertreten sein, weil dort das Vertrauen der Menschen gewonnen wird. Wir lassen uns nicht einschüchtern vom Schwarz-Weiß, das momentan gezeichnet wird. Die Wirklichkeit kennt auch Grautöne und wir arbeiten kontinuierlich an der Umsetzung von Zielen in den unterschiedlichen Parlamenten. Niemand zweifelt heute noch ernsthaft daran, dass Klimaneutralität erreicht werden soll – doch das dauert. Zur Demokratie gehört eine starke Wirtschaft. Mit Energieautarkie bekommt diese Planungssicherheit und der Wohlstand vor Ort bleibt erhalten. Mit Grüner Energie werden schon heute schwarze Zahlen geschrieben: Der Ertrag für Solar- und Windkraft bleibt vor Ort in Bayern, nicht selten im Geldbeutel von Bürgern, die sich zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen haben. Das Geld für Öl aber geht ins Ausland und ist damit für die bayerische Volkswirtschaft verloren. Die Infrastruktur dafür zu schaffen, wäre Aufgabe der bayerischen Landesregierung, die den Bau von notwendigen Stromtrassen sowie von PV- und Windkraftanlagen um Jahre verzögert hat. Jetzt hat die Bundesregierung dafür gesorgt, dass die Trassen endlich gebaut werden können.
Mit Hartnäckigkeit wollen wir Grünen an Details arbeiten, denn ob z.B. Bürokratie abgebaut wird, hängt nicht allein an einer Absichtserklärung der Landesregierung, sondern dafür müssen einzelne Verordnungen auch tatsächlich gestrichen werden. Momentan bewegt sich Bayern da in die falsche Richtung, doch Johannes Becher versichert, dranzubleiben, weil nur mit weniger bürokratischen Hürden die Beteiligung vieler gefördert wird – und das ist gelebte Demokratie. Beteiligen können sich auch nur diejenigen, die dazu in der Lage sind. Das trifft auf viel zu viele Eltern nicht zu. Vor allem viele Frauen können nicht so arbeiten, wie sie möchten, weil Kinderbetreuungsplätze fehlen. Das ist nicht nur ein Verlust für die einzelne Familie, sondern auch einer für die Gesellschaft und die Volkswirtschaft. Das Geld, das in Bayern im Moment mit der Gießkanne auf alle Familien verteilt wird, sehen wir Grünen besser im System aufgehoben, denn dort sei es bitter nötig, sagt Johannes, selbst Mitglied im Kinderausschuss des Landtags. Dort ist er der einzige Mann – kein Fehler, wie von der Landtagsverwaltung angenommen, sondern Programm. „Lasst uns gemeinsam mit den Frauen für Gleichberechtigung kämpfen, liebe Männer, denn sie geht uns alle an!“ Dabei verhält es sich wie mit der Demokratie. Nur vom Mitmachen wird sie stärker. Die Rede des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden erntete lauten Applaus.
Karl Bär berichtete von seiner Erfahrung bei der Demonstration der Bauern am Odeonsplatz. Er sprach dort auf Einladung des Bauernverbands. Jede seine Äußerungen wurde ausgebuht und ausgepfiffen. Egal ob es sich dabei um den von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir ausgehandelten Kompromiss handelte, Karls Kritik an der Schuldenbremse und an Steuersenkungen für Gutverdienende oder sein Lob für die Distanzierung des Bauernverbands von Rechtsradikalen. Für sein Fazit „Das war keine vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltung, aber ich würde wieder hingehen.“ bekam Karl spontan Applaus. „Wir Grüne stehen deshalb im Feuer, weil wir uns den Protestierenden stellen, überall in der Republik! Das ist etwas Gutes, weil wir so die Demokratie verteidigen und wortwörtlich miteinander reden.“
Karl ruft dazu auf, die anstehende Europawahl auf dem Schirm zu haben. Denn in Brüssel wird vieles entschieden. Nicht nur, aber gerade auch, was die Landwirtschaft betrifft. Und auch wenn die Stimmung im Moment recht aufgeheizt sein mag, gibt es gute Nachrichten. In Polen übernahm vor kurzem ein liberales Bündnis die Regierung, in etlichen europäischen Ländern sind Grüne in der Regierung vertreten. Sehr viele Menschen wünschen sich den Erhalt der (Um)Welt – wir alle haben im Juni die Wahl.