Ein Jahr ist es nun her, dass sich die Holzkirchner Bürger klar gegen die geplanten Ortsumfahrungen um Holzkirchen, Hartpenning und Kurzenberg entschieden haben. Zu gewaltig wären die Eingriffe in Natur und Landschaft, zu wenig überzeugend die in Aussicht gestellte Verkehrsberuhigung.
Aus dem Verkehrsministerium wurde bestätigt: die Planungen der Umfahrungen werden nicht weiterverfolgt. Davon nicht betroffen ist der vierspurigen Ausbau der B318 von der Anschlussstelle Nordumfahrung bis zur „Spinne“, dem Anschluss an die Miesbacher Straße (B13). Diesen hatten auch wir, die Straßengegner, durchaus befürwortet und tun es heute noch. Eröffnet doch dieser kleine Bauabschnitt deutliche Spielräume zur Beruhigung der Münchner Straße. Allerdings stellt das staatliche Bauamt hier eine Wartezeit von 10-20 Jahren in Aussicht. Wegen Personalmangel, heißt es. Was der für einen Bau der kompletten Südumfahrung bedeutet hätte, kann man sich ausmalen.
Heute wie bereits vor einem Jahr gilt: um eine nachhaltige Verkehrsberuhigung in Holzkirchen zu erzielen, sind viele ineinandergreifende Maßnahmen erforderlich, allen voran die Umsetzung unseres Holzkirchner Mobilitätskonzepts, aber auch überregionale und nationale Maßnahmen sind von Bedeutung. Was hat sich hier getan im letzten Jahr?
Das Holzkirchner Mobilitätskonzept, das vom Gemeinderat 2016 mit detailliertem Maßnahmenplan verabschiedet wurde, definiert verbindlich die Rahmenbedingungen für eine Umgestaltung des Verkehrs mit weniger Auto, mehr OPNV, mehr Rad- und Fußverkehr. Diese Rahmenbedingungen sind die Leitplanken für alle größeren Projekte in Holzkirchen, die sich auf den innerörtlichen Verkehr auswirken. Konkret sind das zum Beispiel die Projekte der Umgestaltung des Bahnhofsareals, der Münchner Straße, der Umgestaltung des Marktplatzes und die vorausgehende Überplanung des Knotenpunktes der Tölzer/Tegernseer und Miesbacher Straße. Dabei können Gestaltungswünsche auftauchen, die mit dem Mobilitätskonzept in Konflikt treten. Diese müssen dann jedoch dem Gemeinderat zur Abstimmung vorgelegt werden. Hier werden wir Grüne wachsam sein.
Viele weitere nützliche Einzelmaßnahmen wurden entschieden, zum Teil bereits umgesetzt:
- Der Rufbus „Hoki“, September letzten Jahres eingeführt, hat die Herzen der Holzkirchner erobert; er trägt durch das Gruppieren von Fahrten zur Reduktion der Einzelfahrten bei.
- Ein zusätzliches Radkonzept wurde erarbeitet, erste Maßnahmen umgesetzt.
- Holzkirchen ist auf dem Weg zur fahrradfreundlichen Kommune deutlich weitergekommen
- Die Bahnunterführung an der Buchenstraße, ein wichtiger Baustein des Rad- und Fußnetzes, ist umgesetzt.
- Die neue Stellplatzsatzung verabschiedet sich vom Prinzip des Zweitautos pro Wohnung; Platz für Wohnraum bekommt Vorrang vor Platz für’s Auto.
- Ein Wermutstropfen: die im Mobilitätskonzept vorgesehene und von einer großen Mehrheit der Bürger gewünschte Schließung der Straße zwischen Marktplatz und Rathaus hat es nur zur Einbahnstraße geschafft und muss sich nach einem Jahr Probezeit nochmals einer Prüfung unterziehen: das wichtigste Argument war, sie sei nicht kompatibel mit dem Bedarf der Feuerwehr.
Viele Projekte der Orts- und Quartiersentwicklung werden unter dem Aspekt der Verkehrsberuhigung ausgeschrieben, so das Quartier am Valleyer Weg (Wohnungen für „Autolose“) oder das Quartier Tölzer Straße mit Einkaufsoption, auch für die Nachbarn aus Hartpenning.
Aber auch regionale Maßnahmen sind von großer Bedeutung. Zum 1.1.2024 treten die Landkreise Miesbach und Bad Tölz dem MVV Verbund bei.
Ein weiterer großer Beitrag zur Verlagerung auf den ÖPNV ist das 49€ Ticket. Der Anreiz, das Auto stehen zu lassen, ist deutlich, wird angenommen, stößt aber bei übervollen Zügen auf Grenzen. Der Ausbau des Angebots der Bahn muss noch erheblich nachziehen.
Noch ist der Verkehr auf den Holzkirchner Durchgangsstraßen fühlbar störend. Bestrebungen, diesen durch Tempo 30 zu reduzieren, werden durch bestehende Gesetze und Verordnungen noch ausgehebelt. Neue Ansätze sind aber in Sicht. Die europäische Umgebungslärmrichtlinie hat den Grundstein gelegt. Kommunen können und müssen an befahrenen Straßen die Lärmbelastung einer fachlichen Expertise unterziehen und in einem Lärmaktionsplan Maßnahmen aufzeigen und umsetzen, um diesen zu reduzieren. Auch Holzkirchen hat in diesem Jahr einen solchen Lärmaktionsplan aufgestellt. Die Ergebnisse werden erwartet. Betroffen davon sind die Münchner-, Miesbacher-, Tegernseer- und Tölzer Straße, auch durch Hartpenning. Der Bundestag hat vor kurzem eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsverordnung beschlossen. Neu ist hier die Abkehr von der Dominanz des übergeordneten Dogmas des „flüssigen Verkehrs“. Neben dem „flüssigen Verkehr“ sollen künftig Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden. Dazu gehört auch mehr Gestaltungsspielraum für die Gemeinden z.B. in der Anordnung von T30 Zonen. Dem hat nun leider der Bundesrat unter anderem durch die Ablehnung der Landesregierung Bayerns widersprochen. Nun liegt das Gesetz im Vermittlungsausschuss.
Alles in allem- es tut sich viel, wenn auch der ein oder andere Holzkirchner denken mag, es hat sich nichts geändert. Und, bis in 20 Jahren, bis zum Tag des Ausbaus „der Spinne“ wird sich noch viel tun. Wir Grüne bleiben dran.