Unser Sozialparlament – der Bezirkstag

Jugendarbeit und psychische Gesundheit - Infoveranstaltung Grüne Waakirchen
Jugendarbeit und psychische Gesundheit - Infoveranstaltung Grüne Waakirchen

Schwerpunkt Jugendarbeit und psychische Gesundheit

Unter diesem Thema luden die Grünen Waakirchen Schaftlach am vergangenen Mittwoch ins Vereinsheim am Krai ein. Zu Gast waren Bezirksrätin und Direktkandidatin für unseren Stimmkreis Elisabeth Janner, Bezirksrat Martin Wagner aus Unterschleißheim und der Vorstand des Kreisjugendring Miesbach Markus Weber. Ebenfalls dabei war unsere Kinder- und Jugendbeauftragte Evi Obermüller. Gefreut haben wir uns, dass unser zweiter Bürgermeister Alfred Finger und Gisela Staudinger vom FUKK in Miesbach als Gäste gekommen waren. Eine echt kompetente und interessierte Runde hatte sich zusammen gefunden, die viele Fragen stellte und rege diskutierte.

Bezirk Oberbayern und sein Kommunalparlament: der Bezirkstag

Die Bezirksrät*innen starteten mit einer Vorstellung des Bezirkstags: Der Bezirk Oberbayern ist der größte von 7 bayerischen Bezirken. Sein Kommunalparlament ist der Bezirkstag und umfasst 82 ehrenamtliche Bezirksrät*innen. Dieses „Sozialparlament“ wird alle 5 Jahre gemeinsam mit dem Landtag gewählt und erfüllt viele soziale und kulturelle öffentliche Aufgaben.

Ziel: Teilhabe am Leben der Gemeinschaft

Als überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist der Bezirk zuständig für Hilfen für Menschen mit Behinderungen, für Menschen mit Pflegebedarf und Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten. Ziel ist immer die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Unterstützungsangebote sind z.B. therapeutische Wohnangebote für Erwachsene, Arbeitsplätze in Werkstätten oder Suchtberatung.

kbo: Kliniken des Bezirks

Stationäre und ambulante Unterstützung u.a. im psychiatrischen oder psychotherapeutischen Bereich bieten die kbo, ein Verbund von Kliniken, die als Kommunalunternehmen ausgegliedert sind. Diese sind wohnortnah im ganz Bayern verteilt. Ein solcher Standort der kbo-Lech-Manfall-Klinik befindet sich bei uns im Landkreis in Agatharied.

Pflegestützpunkt: erste Anlaufstelle im Dschungel der Zuständigkeiten

„Endlich wird auch im Landkreis Miesbach ein Pflegestützpunkt geplant,“ freut sich Elisabeth Janner. Jede und jeder, der Fragen rund ums Thema Pflege habe und im Dschungel der Zuständigkeiten eine erste Anlaufstelle suche, finde dann hier Ansprechpartner, erläutert sie. „Die Beratung ist unabhängig, auch anonym, neutral und geht auf jeden Bedarf individuell ein.“

Soforthilfe: Krisendienst Psychiatrie

Ein weiteres Angebot ist der „Krisendienst Psychiatrie“. Mit einer einheitlichen Telefonnummer für ganz Bayern (0180/6553000) und einer Erreichbarkeit rund um die Uhr wird Soforthilfe für Menschen in seelischen Krisen geleistet.

Die Erfüllung all dieser „Pflichtaufgaben“ verschlingt bereits 85% des finanziellen Budgets, das fast allein aus der Bezirksumlage bestritten werden muss, die der Landkreis zahlt. Anders als Gemeinden hat der Bezirk nämlich keine eigenen Einnahmemöglichkeiten.

Und sonst?

Der Bezirk leistet sich wichtige gesellschaftliche und kulturelle Einrichtungen. So unterhält er eine Fachberatung für Imkerei und Fischerei, ist Träger u.a. des Freilichtmuseums Glentleiten und betreibt aktiv Erinnerungskultur: in der NS-Zeit wurden viele Verbrechen auch in psychiatrischen Einrichtungen begangen. Insbesondere die heutige Ärzteschaft der Einrichtungen hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Vergangenheit aufzuarbeiten!

Der Kreisjugendring: selbstbestimmt, selbstorganisiert und selbstwirksam!

Der Kreisjugendring ist als Gliederung des Bayerischen Jugendrings Teil einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Für den Bereich der Jugendarbeit sind diesen Gliederungen sämtliche Aufgaben eines Landesjugendamts übertragen, die sie freiwillig, ehrenamtlich, selbstorganisiert und demokratisch erfüllen.

Jugendarbeit: Präventionsarbeit

Alle Angebote des KJR sind präventiver Natur. Jugendliche wollen und sollen selbst herausfinden und entscheiden, was sie wollen und welchen Weg sie einschlagen. Das betrifft die schulische und berufliche Laufbahn, Angebote wie das FSJ oder Jupea zur Orientierung nach der Schule werden gut angenommen. Auch die Jugendzentren wie z.B. das FUKK in Miesbach sind gut besucht. Während Corona bestand wenig Nachfrage, „dafür rennen sie uns jetzt die Bude ein“, berichtet Gisela Staudinger vom FUKK. Abgerundet wird das Angebot von Ferienprogrammen und -freizeiten, wie z.B. die diesjährige Fahrt für zwei Wochen nach Spanien!

Markus Weber hebt hervor, wie wichtig die Eigenwirksamkeit ist: „Jugendliche müssen selber herausfinden: wer bin ich, was will ich?“ Und Martin Wagner, dessen Schwerpunkt die Jugendarbeit ist, ergänzt: „Das gelingt nur, wenn sie nicht fremdbestimmt werden und auch mal etwas lustvoll in den Sand setzen dürfen!“

Ein Leben zwischen Bett und Laptop

Zur Sprache kamen auch die Erfahrungen einiger Eltern, die beide – Kinder und Eltern – während Corona gemacht haben: Viele haben während der Lockdowns „zwischen Bett und Laptop“ gelebt. In einer Lebensphase, in der man sich normalerweise an Freunden und nicht mehr an Eltern orientiert, in der man sich im „Leben da draußen“ ausprobiert, hat das bei vielen Jugendlichen Spuren hinterlassen. Entstanden ist in dieser Zeit das Projekt „Digital Streetwork“ (digital-streetwork-bayern.de), das zum Ziel hat, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie sich einen Großteil ihrer Zeit aufhalten – im Netz.

Jetzt erst recht: Zeit für Präventive Jugendarbeit

Hier waren wir uns ziemlich einig: Jetzt erst recht ist die Zeit, präventive Jugendarbeit zu stärken, unsere Kinder resilienter zu machen. Dabei bedeute Resilienz nicht etwa, „stark“ sein, um den belastenden Ist-Zustand zu ertragen. Vielmehr müsse jede*r seinen eigenen Weg finden dürfen. Die Jugendarbeit kann Angebote machen, die aber immer unter der Prämisse „Mitbestimmung“ stehen.

Und überhaupt: Mitbestimmung! Hier ist noch viel zu tun. Sehr begrüßen würden es alle Referenten, wenn das Wahlrecht ab 16 bei Kommunalwahlen eingeführt würde. Im Herbst findet in Waakirchen endlich die lang geplante Jungbürgerversammlung statt, berichtet Evi Obermüller. Anregungen dazu hat sie sich aus Gmund geholt und weiß, was so manche*n hervorzulocken vermag: die Aussicht auf eine Einladung zur Pizza! Wo sonst lässt es sich besser diskutieren als beim gemeinsames Pizza-Essen?

Zum Schluss?

Viele Anläufe gab es bereits in unserer Gemeinde auf der Suche nach einem Treffpunkt für Jugendliche. Noch immer gibt es keinen Platz oder einen Raum, der selbstverantwortlich genutzt werden kann. Vermutlich hakt es ein bisschen an der Einstellung von uns Erwachsenen: ein solcher Ort wird nicht „für“ sie geschaffen, sondern mindestens „mit“ ihnen, noch besser „von“ ihnen. Und dann gibt’s da noch etwas ganz Entscheidendes, das Markus Weber am Ende ergänzt: Geduld!

Mit drei Schlagworten fassten wir schließlich die wesentlichsten Merkmale für gute Jugendarbeit zusammen:

Prävention – Mitbestimmung – Geduld