Was bedeutet die aktuelle Gesundheitspolitik für Agatharied? Dieses und mehr diskutierten die Grünen mit Gemeinde- und Kreisrat Dr. Bernd Mayer-Hubner und Kreis- und Bezirksrätin Elisabeth Janner am 5. Mai in Holzkirchen.
Die Gesundheitspolitik und die Finanzierung der Krankenhäuser ist ein Dauerbrenner in der Bundespolitik. Aber wir alle sind betroffen. Was bedeuten die Pläne der Bundesregierung für unser Krankenhaus Agatharied? Dr. Bernd Mayer-Hubner, Kardiologe und Aufsichtsratsmitglied des Krankenhauses, sowie Schlierseer Gemeinde- und Kreisrat für die Grünen berichtete am letzten Grünen Abend in Holzkirchen über die Situation. Bezirksrätin Elisabeth Janner, selbst beruflich in der psychiatrischen Heilkunde tätig, kennt die gesundheitspolitische Problematik aus dem Alltag und ergänzte den Beitrag.
Ja, man habe in der Tat deutschlandweit eine Überkapazität in der stationären Infrastruktur, die zu sehr beträchtlichen und auf Dauer untragbaren finanziellen Defiziten führe. Die Finanzierung der Infrastruktur sei dabei Ländersache. Insbesondere die seit 2003 erfolgte Verminderung der staatlichen Investitionsleistungen von ehemals ca. 600 Mio €/Jahr auf ca.300 Mio €/Jahr hätte negativ zu Buche geschlagen. Dass diese kürzlich wieder erhöht worden sei, sei bei dem riesigen bayernweiten Investitionsstau im Krankenhaussektor ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch habe das alte System der Fallpauschalen zu Fehlanreizen geführt, so werden finanziell lohnende medizinische Angebote (wie z.B. die OP orthopädischer Endoprothesen) vermehrt durchgeführt, während für das Krankenhaus wenig lohnende Angebote (wie z.B. Geburten) ins Hintertreffen gerieten. Das von der alten Bundesregierung eingeführte Pflegestärkungsgesetz habe wohl den Pflegeschlüssel für die Patienten verbessert, allerdings konnten die zusätzlichen Stellen oft nicht besetzt werden. Die Konsequenz sei, dass Abteilungen schließen oder erheblich teurere Pflegekräfte von Leihfirmen eingestellt werden müssten. Auch der Wettstreit zwischen privat geführten Häusern, die sich gern auf wirtschaftlich lohnende Bereiche fokussierten, und den kommunal geführten Häusern, die vermehrt Pflichtaufgaben wahrnehmen müssten, erschwere die Situation. Eine Reform sei daher überfällig.
Grundsätzlich zielt die Krankenhausreform auf eine Stärkung der ambulanten Medizin. Wie bereits in vielen Nachbarländern üblich, sollen künftig deutlich mehr Behandlungen ambulant erfolgen. Darüber hinaus schlägt die Expertenkommission vor, ein Netz von unterschiedlich ausgestatteten Krankenhäusern in Deutschland aufzubauen. Level 1 Krankenhäuser sollen die Basisversorgung anbieten. Level 1 N Häuser verfügen zusätzlich über eine Notaufnahme, Level 2 Häuser bereits über eine ganze Reihe Fachabteilungen mit definiertem Leistungskatalog, insbesondere was Expertise und Leistungshäufigkeit von diagnostischen und operativen Maßnahmen betrifft. Der Level 3 ist für die großen städtischen und Universitätskliniken vorbehalten. In Agatharied hoffe man sehr, die Kategorie Level 2 zu erhalten.
An dem Gesetz wird nun mit Hochdruck gearbeitet. Der bisher vorliegende Expertenvorschlag wird noch lebhaft diskutiert. Ziel ist es, im Herbst einen Referentenentwurf dem Parlament zur 1ten und 2ten Lesung vorzulegen und zu verabschieden. Das neue Gesetz soll zum 1.1.2024 in Kraft treten. Ein ehrgeiziger Plan.
Auch Dr. Bernd Mayer-Hubner rechnet damit, dass Agatharied die Level 2 Kriterien erfüllen kann. Hierzu gehöre eine Kinderabteilung mit leistungsstarker Neugeborenenversorgung als Grundvoraussetzung einer guten Geburtshilfe, wie sie heute mit bis zu 1300 Geburten pro Jahr im Krankenhaus des Landkreis Miesbach geboten werde. „Hier ist nun die bayrische Landesregierung gefordert, die bisher eine Pädiatrie in Agatharied nicht im Krankenhausplan vorgesehen hat und dem Haus dadurch die hierfür dringend nötige finanzielle Förderung versagt. Daran darf es doch nicht scheitern, wenn sonst ein Großteil der Voraussetzungen erfüllt sind“, kommentierte er die Situation.
Bezirksrätin Elisabeth Janner konnte seinen Ausführungen nur beipflichten und unterstrich die Dramatik der Entwicklung in der Pflege. Ihre Schwerpunkte, für die sie sich im Bezirkstag einsetze lägen – neben ihrem Einsatz für ein vielfältige Kultur-in der Psychiatrie und in der Behindertenbetreuung. „Es ist ein grüner Wunsch, den sehr wertvollen psychiatrischen Krisendienst für den Bezirk Oberbayern um ein spezielles Angebot für Kinder und Jugendliche zu ergänzen. „Corona hat hier Spuren hinterlassen, da müssen wir schnelle und kompetente Hilfsangebote machen“, meinte Janner.